Edbrios Seanin

1993-2007

Treue und Wachsamkeit

Irish Terrier Seanin

Im Frühjahr 1994 faszinierte mich auf Crufts ein in der Jugendklasse gezeigter 13 Monate alter Rüde, der meiner Vorstellung vom idealen Irish Terrier sehr nahe kam. Sein Name war Edbrios Dirmuid und als ich ihn später aus der Nähe begutachten durfte, gefiel er mir noch mehr. Nur stand er leider nicht zum Verkauf, da halfen alle Diskussionen mit seinen Züchtern Eddie und Philip O’Brien nicht. Stattdessen bot man mir seinen Wurfbruder Seanin an, der ebenfalls mit zu Crufts gekommen war und sich, als ich ihn kennenlernte, gerade mit Philip eine Pint Guiness teilte. Sofort war ich vom Charme und der Ausstrahlung dieses Hundes so hingerissen, dass ich über sein leicht offen getragenes rechtes Ohr hinwegsah; im Gegenteil: In meinen Augen erhöhte das sein besonderes Charisma noch! Es war Liebe auf den ersten Blick – am liebsten hätte ich ihn sofort mitgenommen!Und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass mich in diesem Moment der genaueren Betrachtung des Hundes eine Intuition überkam, die Seanin als ideale züchterische Ergänzung für Siska sah. Es kribbelte wirklich in meinen Fingerspitzen, wenn ich an die zukünftigen Welpen der beiden dachte (ein Gefühl, dass sich übrigens bewahrheitet hat, denn ihre Nachzucht erwies sich wirklich als erstklassig). Nun ja, an diesem Märztag hieß es zunächst noch einmal Abschied nehmen von neugewonnenen zweibeinigen und vierbeinigen Freunden. Doch man traf sich wieder, drei Monate später, diesmal in Burford auf der ITA Show. Ein Traum wurde hier Wirklichkeit – Seanin wurde mein Hund! Und das mit Haut und Haaren, denn nachdem er erkannt hatte, wohin er von nun an gehören sollte, ließ er mich buchstäblich nicht mehr aus den Augen! Das hat sich übrigens bis heute nicht geändert: Arbeite ich, liegt er unter meinem Schreibtisch, dusche ich, ruht er dösend auf dem Badvorleger, gehe ich in den Keller, wartet er auf mich am Treppenabsatz, schlafe ich, kuschelt er sich in das meinem Bett nächststehende Körbchen. Obwohl sich unser Haushalt inzwischen auf vier Hunde vergrößert hat, besitzt er das Hoheitsrecht auf meine Bewachung, eineAufgabe, die er sich niemals streitig machen lässt. Abgesehen davon ist er für die anderen Hunde der geborene Anführer, eine Rolle, die er bereits bei seiner Ankunft ganz selbstverständlich übernahm und die er mit viel Souveränität und wenig Aggression glänzend und unangefochten beibehält. Dank Seanin funktioniert das Zusammenleben von drei selbstbewussten Hündinnen, einem weiteren erwachsenen Rüden und einem sporadisch auftretenden „Kindergarten“ reibungslos. Kleinere, fremde Rüden toleriert er großmütig, selbst wenn sie hysterisch bellen, größere Rüden werden auf Spaziergängen mit Freundlichkeit behandelt, es sei denn sie selbst werden unfreundlich…. Sein Territorium, sein Rudel und auch mich verteidigt er dagegen bis auf’s Blut. Ich bin überzeugt, er kann gar nicht anders, denn niemals habe ich einen so von Herzen mutigen Hund wie Seanin erlebt, der trotzdem so anhänglich und liebevoll sein kann. In ihm lebt das echte irische Blut, das wahre Wesen dieser Rasse, er ist der Irish schlechthin! Viele schöne Erinnerungen sind mit den zwölf Jahren, die er mich jetzt begleitet verbunden: das Jungkaninchen, das er fand und mir lebend und unversehrt brachte, sein „Kampf“ mit dem Elektrozaun, in den er wieder und wieder zornig biss, weil er sich angegriffen fühlte, seine „abgestuften“ Erziehungsmaßnahmen für Welpen jeden Alters und wie er sich bei einem Winteransitz als Rehwildretter erwies, weil er die knirschendenTritte des sich im Schnee nähernden Schmalrehs, das er nicht sehen konnte, knurrend als „Feindannäherung“ interpretierte. Er ist eine wirkliche Persönlichkeit. Und oft, wenn er vor mir saß, seinen Kopf auf meinem Knie und seine dunkelbraunen Augen unverwandt und voller Liebe auf mich gerichtet, habe ich gedacht:
So muss er gewesen sein – der erste Irish Terrier! 
(Ingrid Schreiner)